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Historie der Kreise Koschmin und Krotoschin

 

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Abb. Ausschnitt Karte südliches Posen um 1910 - Region Krotoschin

Quelle: Institut für Angewandte Geodäsie, Frankfurt a. M.

 

1. Historie des Kreises

 

Der Kreis Krotoschin wurde erstmals 1793, nach der zweiten Teilung Polens, von den Preußen geschaffen und hatte zu jener Zeit sein größtes Ausmaß. Nach 1814 (vermutlich 1821) wurde der Kreis Krotoschin um etwa 30% verkleinert (2. Kreisbildung). Die Stadt Jutroschin wechselte zum Kreis Kröben, Jaratschewo zum Kreis Schrimm und Jarotschin zum Kreis Pleschen. Der neue Kreis Krotoschin hatte danach ein Ausmaß von 954 km² und eine Bevölkerungsgröße von 44.727 Einwohnern. 1887 kam es in der Provinz Posen zu einer Gebietsreform. Zahlreiche Kreise - so auch Krotoschin - wurden verkleinert, um nicht zuletzt die Effizienz der Verwaltung zu erhöhen. Der nördliche Teil des Kreises Krotoschin bildete nun den neu geschaffenen Kreis Koschmin. Im Kreis Koschmin lagen die Städte Borek, Koschmin, und Pogorzela. Die Städte Dobrzyca, Kobylin, Krotoschin und Zduny verblieben im Kreis Krotoschin (3. Kreisbildung). Der Kreis umfasste jetzt nur noch 501 km². Die Südgrenze des Kreises Krotoschin war gleichzeitig die Südgrenze der Provinz Posen. 1919 wurde diese Grenze zur Staatsgrenze der Republik Polen zum Deutschen Reich (Provinz Schlesien) erhoben. 1932 wurden die Kreise Krotoschin und Koschmin wieder zu einem Kreis Krotoschin vereinigt (4. Kreisbildung). Der Zuschnitt des Kreisgebietes entsprach jedoch nicht mehr dem „Kreisgebilde 1821-1887“. Das Gebiet um Borek kam zum Kreis Gostyń. Dafür erhielt der Kreis Krotoschin erstmals das Gebiet um Sulmierschütz, was zuvor zum Kreis Ostrowo (vormals Kreis Adelnau) gehörte. Der Kreis Krotoschin hatte nun eine Größe von 915,12 km² mit einer Bevölkerungsstärke von 75.675 Personen. Als im Zweiten Weltkrieg die Deutschen  Polen annektierten, kam es am 26.10.1939 zur Schaffung des Reichsgaus Posen (später Wartheland). Die Nationalsozialisten  übernahmen jedoch 1939 unverändert die vorhandenen Kreisgliederungen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg hielten die Polen zunächst am Kreis (Powiat) Krotoschin fest. Ausgegliedert  und dem Kreis Pleschen zugewiesen wurde lediglich die Stadt Dobrzyca (5. Kreisbildung). Erst 1975 wurden sämtliche Kreise in Polen aufgelöst und dafür Wojewodschaften eingeführt. Das Gebiet des nun ehemaligen Kreises Krotoschin wurde geteilt. Der westliche Teil wurde der Wojewodschaft Lissa (Leszno) und der östliche Teil der Wojewodschaft Kalisch (Kalisz) angegliedert. 1999 führte die Republik Polen die Kreise als Verwaltungseinheiten wieder ein. Es kam zur „Wiedergeburt“ des Kreises Krotoschin, der nun zum sechsten Mal gebildet wurde. Der neue Landkreis ähnelt dem von „vor 1975“. Abweichend hiervon wurde das Gebiet der Stadt und Gemeinde Pogorzela dem Kreis Gostyń zugesprochen.

 

 

kreis-kro-wappen

 

 

Powiat Krotoszyn

Kreiswappen Krotoszyn (Krotoschin)

seit 1999. 

 

2. Bevölkerung

 

Nach einer Volkszählung aus dem Jahre 1909 hatte der Kreis Koschmin 32.452 Einwohner (65 auf 1 km²) und der Kreis Krotoschin 45.855 (90 auf 1 km²). Zerlegt man diese Zahlen noch nach ihren Konfessionsanteilen, so ergibt sich folgendes Bild:

Kreis Koschmin: 4.676 Evangelische, 26.067 Katholiken, 495 Juden.
Kreis Krotoschin: 13.087 Evangelische, 31.219 Katholiken, 670 Juden.

Die Zahlen der Katholiken deckten sich in etwa mit der Zahl der Personen mit polnischer Muttersprache.

 

 

3. Wirtschaft

 

Die Kreise Krotoschin und Koschmin waren 1909 in erster Linie geprägt durch ihre Landwirtschaft. Es existierte eine Vielzahl von Klein- und Kleinstbetrieben, wobei der Zuckerrübenanbau neben der Viehzucht eine wichtige Säule der landwirtschaftlichen Existenz darstellte. Die Familie Thurn & Taxis betrieb auch Forstwirtschaft. Ihre Waldgebiete erstreckten sich über die Kreise Krotoschin und Adelnau. Ferner gab es Sägereien, Ziegeleien, Getreide- und Lederhandel, Buchdruckereien, Windmühlen, eine Brauerei in Krotoschin, Eisengießerei, Malz-, Dachpappen-, Dachziegel-, Maschinen- und Spritfabrik, Dampfziegeleien, Molkereien, Dampfsägemühlen, Zuckerfabrik (in Zduny), eine Gerberei und Schuhwarenfabrikation.     

 

 

4. Verkehrswegenetz

 

Neben einer großen Anzahl von Chausseen und Straßen gab es am Anfang des 20. Jahrhunderts auch ein ausgeprägtes Schienennetz. Bahnhöfe/Haltestellen der unterschiedlichen Bahnstrecken waren in Biadki, Borek, Dzierzanow, Friedrichswert, Gorzupia, Kobylin, Koschmin, Krotoschin, Pogorzela, Radenz, Szelejewo, Trecianow, Wolenice, Wrotkow, Zduny.

 

 

5. Kirchen und Synagogen

Der Bestand der Kirchen und Synagogen im Kreis Krotoschin bis 1939 ist nachstehend aufgeführt:

 

 

Katholische Kirchen:

 

 

1. Baschkow

2. Benice

3. Borek

4. Dobrzyca

5. Kobierno

6. Kobylin

7. Koryta

8. Koschmin

9. Krotoschin

10. Lutynia

11. Margarethendorf

12. Mokronos

13. Pogorzela

14. Radenz

15. Rozdrazewo

16. Sosnica

17. Starygród

18. Walkow

19. Wielowies

20. Wyganow

21. Zduny

 

 

 

 

Evangelische Kirchen:

 

 

1. Borek

2. Deutsch-Koschmin

3. Dobrzyca

4. Kobylin

5. Königsfeld

6. Koschmin

7. Krotoschin

8. Pogorzela

9. Zduny

 

 

 

 

 

Synagogen:

 

 

1. Borek

2. Dobrzyca

3. Kobylin

4. Koschmin

5. Krotoschin

6. Zduny

 

 

 

 

 

6. Standesämter (Stand 1905)

 

Kreis Koschmin

Kreis Krotoschin

 

1. Borek

2. Koschmin

3. Pogorzela

4. Radenz

5. Starygrod

6. Wiesenfeld

 

1. Dobrzyca

2. Grembow

3. Kobylin

4. Koryta

5. Krotoschin (Stadt- u. Landbezirk)

6. Orpischewo

7. Zduny

 

 

 

 

7. Persönlichkeiten

 

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Prof. Dr. phil. Otto Roquette (1824 - 1896)

 

Zwei Persönlichkeiten möchten wir besonders herausstellen. Zum einen dürfte der am 19. April 1824 in Krotoschin geborene Dichter und Schriftsteller Otto Roquette eventuell ein Begriff sein. Mit dem Versmärchen "Waldmeisters Brautfahrt" hatte er 1851 einen großen Erfolg. Er schrieb auch Gedichte, Lieder und Romane. In der Stadt Krotoschin wurde bereits (nachweisbar) 1907 eine Straße nach ihm benannt,  welche am Landratsamt und am Kgl. Wilhelms-Gymnasium vorbeiführte. In Darmstadt erinnert noch heute der „Roquetteweg“ und in Dresden die „Roquettestraße“ an diesen Literaten. Zuletzt wirkte er in Darmstadt, wo er  am 18. März 1896 verstarb.

 

 

Leseprobe:
 
Morgens am Brunnen
 
Er kam in der Frühe wie der Morgenwind,
nussbraun seine Locken, sein Fuß geschwind.
In's Auge die ganze Seele gedrängt
ach, der eine Blick hat das Herz versengt!
Und ich stand, als ob ewig ich schauen gemüsst:
er hielt mich umschlungen, er hat mich geküsst!
Als brächt' er von draußen die ganze Welt,
von zuckenden Strahlen blendend erhellt;
als ging mir das Leben auf in der Brust,
so hing ich am Hals ihm in bebender Lust.
Und was er gesprochen, ich weiß es nicht mehr,
es sang und es klang ja die Welt um mich her!
Wie ist mir geschehen? Ja, dass ich es wüsst!
Mein Drohen, mein Zürnen ich hab's nun gebüsst.
Im Brünnlein das Wasser das rieselt und rinnt,
zum Bach, wo er wohnet, hin fließt es geschwind.
Mein Sinnen, mein Denken fliegt hindurch den Wald,
ach Liebster, mein Liebster, komm wieder, komm bald!

 

Prof. Dr. phil. Otto Roquette

 

 

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Prof. Józef Łukaszewicz (1797 - 1873)

 

Für den Kreis Krotoschin ebenso von Bedeutung ist der Historiker Józef Łukaszewicz. Er wurde am 30.11.1797 in Krąplewo, 15 km südwestlich von Posen, geboren. Łukaszewicz war Bibliothekar in der Raczyński-Bibliothek und verfasste zahlreiche Bücher. 1869 und postum 1875 erschienen die beiden Bände über die Geschichte des  Kreises Krotoschin (Kurze historisch-statistische Beschreibung der Städte und Dörfer im früheren Kreis Krotoschin von den frühesten Zeiten bis zum Jahr 1794). Am 13. Februar 1873 verstarb Józef Łukaszewicz in Targoschütz, Kreis Krotoschin (später Kreis Koschmin).

 

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