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Die katholischen Kirchenbücher von 1717 - 1775

- eine wichtige Quelle für die Protestanten -

Die Lage der Protestanten war in Polen bereits im 17. Jahrhundert mit vielen Einschränkungen und Willkürakten verbunden. Doch die großpolitische Wetterlage im Jahr 1717 war die einschneidendste. Sie hatte einen großen Einfluss auf die evangelischen Kirchspiele in der Region Krotoschin. Bis zu diesem Zeitpunkt bestanden lediglich zwei Kirchspiele:

- Kobylin (1632 gegründet)

- Zduny (1637 gegründet)

Wie nahm die Bedrückung und Entrechtung der Nichtkatholiken ihren Lauf?

Zar Peter I

Peter I., russischer Zar - reg. 1682 - 1725

Vorangegangen war ein polnischer Reichstagsbeschluss vom stummen Sejm  1717, in dem der von dem russischen Zaren Peter I. aufoktroyierten Friedenstraktat angenommen wurde.  Es war der Beginn der ersten beträchtlichen Einmischung Russlands in die inneren Angelegenheiten des polnischen Staates. Der Traktat (Abhandlung) enthielt auch Bestimmungen, die gegen die Nichtkatholiken gerichtet waren. Der katholische Klerus, der einen Staat im Staate bildete, wandte den Traktat mit großem Eifer an und ging rücksichtslos gegen Protestanten vor. Es wurde den Dissidenten (und damit den Protestanten) verwehrt, neue Kirchen zu bauen und  Ausbesserungsarbeiten an den evangelischen Kirchengebäuden durchzuführen, was durch den katholischen Geistlichen vor Ort bei seinen Visitationen überprüft wurde. Verfolgung und Unterdrückung der evangelischen Bevölkerung nahm seinen Lauf. Die Abhängigkeit der evangelischen Kirche zu der katholischen Kirche wurde manifestiert. Die Folge: kirchliche Handlungen wie Taufen, Trauungen und Begräbnisse wurden kaum noch in den evangelischen Kirchen durchgeführt. Diese hatten jetzt in den katholischen Kirchen zu geschehen. Das bedeutet auch, dass die katholischen Kirchenbücher für die Familienforscher mit evangelischen Wurzeln in den Fokus rücken. Die einzelnen Auswirkungen werden nachfolgend konkret aufgezeigt:

Trauungen

nur Bürger der Stadt (Kobylin und Zduny) hatten das Recht, sich in der evangelischen Kirche trauen zu lassen. Gleichwohl wurde viele von ihnen unter Druck gesetzt, so dass sie ihr Recht nicht ausübten.

- Tagearbeiter und Dienstleute in der Stadt (Kobylin und Zduny) mussten die Erlaubnis - je nach Vermögen - sich erkaufen. Folge: wer kein Geld hatte, musste zur katholischen Kirche gehen

- Brautleute aus anderen Städten oder solche, die erst wenige Wochen in der Stadt (Kobylin und Zduny) verweilten, mussten ebenfalls beim katholischen Pfarramt ausgelöst werden, oder sich eben katholisch trauen lassen.

Taufen

- nur Bürger der Stadt (Kobylin oder Zduny) durften - bis zum Generalpardon von 1768  - sich evangelisch taufen lassen. Diese allerdings nur, wenn sie wenigstens 1 Jahr und 6 Wochen in der Stadt ansässig waren. Eine Ausnahme bildete das Dorf Guminiec ab 1744 , welches vom Herrn de Bicoski im Consistorio zu Posen die Erlaubnis erhielt, die actus ministeriales (Wahrnahme der geistlichen Verrichtung) von sämtlichen evangelischen Dorfbewohnern in der evangelisch-lutherischen Kirche zu Kobylin verrichten zu lassen.

- vereinzelt wurden Personen aus den Vorwerken der Stadt Kobylin evangelisch getauft, aber nur dann, wenn der katholische Geistliche zustimmte (1745-1758 in Kobylin geschehen)

Begräbnisse

- nur die Bürger der Stadt (Kobylin und Zduny) durften evangelisch beerdigt werden

- Bürger, die auf das Land zogen, behielten ihr evangelisches Beerdigungsrecht für 1 Jahr und 6 Wochen,

- die in der Stadt wohnenden Personen, die nicht das Bürgerrecht hatten, konnten jedoch beim katholischen Geistlichen ausgelöst werden. D. h., nach Entrichtung einer Gebühr war eine evangelische  Beerdigung möglich

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Stanislaw II. August, König von Polen, reg. 1764 - 1795

Dieser negative Reichstagsbeschluss von 1717 wurde erst 1768 umge- stoßen. Der Adel Polen-Litauens bildete eine Konföderation in Thorn im Jahr 1767. Den Vorsitz hatte der Starost von Tuchel, Georg von der Goltz. Jener Konföderation schloss sich schließlich auch der polnische König Stanislaw August in Radom (Großstadt 100 km südlich von Warschau) an. Außerdem folgte Unterstützung seitens Preußens, Russlands, Englands und Dänemarks, so dass den Protestanten in Polen die früheren Rechte - insbesondere die Religionsfreiheit  - auf dem Reichstage von 1768 wieder eingeräumt wurde. Jedoch konnte diese Errungenschaft nicht gleich in Kraft treten, da die katholische Partei in Bar (Stadt in der heutigen Ukraine) eine Gegenkonföderation bildete. Erst auf dem Reichstage von 1774 wurden die Beschlüsse von 1768 förmlich bestätigt, so dass die Religionsfreiheit manifestiert wurde und von 1775 an, die Protestanten in der Region Krotoschin in den evangelischen Kirchenbüchern ihrer Kirchen zu finden sind.

Innerhalb von 30 Jahren kam es nun gleich zu drei Neugründungen von  evangelischen Kirchspielen:

- Koschmin (1775 gegründet)

- Krotoschin (1791 gegründet)

- Dobrzyca (1803 gegründet).

Nachstehend sind die katholischen Kirchspiele, die im Kreis Krotoschin 1717 - 1775 bestanden, benannt.  Dabei wurden zudem die Zeiträume aufgeführt, für die heute noch Kirchenbücher existieren:

1. kath. K Baschkow-kl

2. kath. K Benice-kl

3. kath. K Borek-kl

1. Baschkow

*, oo, † 1750 - 1775,

 Vorgängerjahrgänge  verlustig

2. Benice

Das Gebäude wurde 1644 geweiht. Durch einen Brand wurden die Kirchenbücher vor 1751 vernichtet (Stand 1869). Ab dem Jahr 1940 waren dann nur noch die Kirchenbücher ab 1794 verfügbar.

 

3. Borek

* 1734 - 1757, 1774-1775

oo verlustig

† nur 1774 - 1775

14b kath. K Radenz

4. kath. K Dobrzyca-kl2

5. kath K Kobierno-kl

4. Borzęciczki (Radenz)

Die Barockkirche wurde von 1740 bis 1745 erbaut; vorher über das Kirchspiel von Walkow verwaltet. Kirchenbücher sind allerdings erst ab 1798 verfügbar.

 

5. Dobrzyca

* 1717 - 1775

oo 1717 - 1775

† 1718 - 1775

 

6. Kobierno

* 1717 - 1731

oo verlustig

† 1717 - 1775

 

6. kath. K Kobylin 2-kl

7. kath. Kirche Koryta-kl3

8. kath. K Koschmin-kl

7. Kobylin

* 1717 - 1775

oo nur 1752 - 1775

† nur 1752 - 1775

 

8. Koryta

Vorgängerkirchen aus Holz (ab 15. Jahrhundert) brannten ab. Heutige Steinkirche aus dem Jahr 1818. 1940 waren noch Kirchenbücher ab 1768 vorhanden. Heute sind nur noch Kirchenbücher ab 1818 verfügbar.

9. Koschmin

* 1717 - 1753 und  1758 - 1775

oo 1750 - 1775

† 1717 - 1775

 

 

 

9. kath. K Krotoschin-kl

11. kath. K Lutogniewo-kl

10. kath. K Lutynia-kl2

10. Krotoschin

* 1732 - 1775, Vorgängerjahrgänge schon 1940 verlustig

oo 1717 - 1775

† 1718 - 1737 und 1756 - 1775

 

 

 

11. Lutogniewo

* 1717 - 1775

oo 1750 - 1775

1750 - 1775

 

12. Lutynia

Kirchspiel seit 1398. Die marode Holzkirche wurde 1802 durch eine Backsteinkirche ersetzt. Im Jahr 1940 waren noch Kirchenbücher ab 1764 vorhanden. Heute sind nur noch Kirchenbücher ab 1818 verfügbar.

12. kath. Kirche Mokronos-kl

13b Pogorzela - Kath. Kirche

15. kath. K Rozdrazewo-kl

13. Mokronos

* 1717 - 1775

oo 1742 - 1775

† 1753 - 1775

 

 

 

14. Pogorzela

* 1717 - 1775

oo 1717 - 1729 und 1735 - 1775

† 1717 - 1729 und 1735 - 1775

 

15. Rozdrazewo

* 1736 - 1765 und 1767 - 1775

oo 1736 - 1765 und 1767 - 1775

† 1736 - 1765 und 1767 - 1775

16. kath. K Sosnica 2 -kl

17. kath. K Starygrod-kl

18. kath. K Walkow-kl

16. Sosnica

* 1744 - 1775

oo 1744 - 1766 u. 1775

† 1744 - 1775

 

17. Starygród

* 1745 - 1775

oo 1730 - 1775

† 1742 - 1775

 

18. Walkow

* 1717 - 1739 und 1741 - 1775

oo 1718 - 1775

† 1717 - 1775

 

19. kath. K Wielowies-kl

20. kath. K Wyganow-kl

21. kath. K Zduny-kl

19. Wielowies

*,oo,† 1746 - 1775, Vorgängerjahrgänge verlustig

 

20. Wyganow

Die Kirchenbücher 1722 - 1775 wurden Anfang des 19. Jahrhunderts bei einem Brand der Holzkirche vernichtet. Ab 1807 wurde eine Backsteinkirche errichtet. Heute sind nur noch Kirchenbücher ab 1784 (mit Ausnahme 1689-91) erhalten.

21. Zduny

* 1717 - 1775

oo  1721 - 1775

† 1721 - 1775

Wir würden uns freuen, wenn Vorschläge und Lösungsansätze von Lesern dieser Website unterbreitet bzw. aufgezeigt bekämen, wie eine Abschrift der "protestantischen" Einträge in den katholischen Kirchenbücher im Kreis Krotoschin erfolgen könnte.

 

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